Menümobile menu

Unterwegs auf einer Herzensreise

Mit dem Unimog durch die Sahara oder Bergwandern in den Anden. Mit 18 war es mein größter Wunsch, die Welt kennenzulernen. Ich hatte die diversen Reise- und Treckingmagazine abonniert und träumte von großen Abenteuerreisen. Mit meiner Familie war ich bisher nur an die Ostsee und in den Westerwald gereist. Aber das sollte sich ändern. Das Geografie-Studium hatte ich fest eingeplant, aber meine Eltern bestanden nach dem Abitur auf einer soliden Ausbildung vor einem Studium. Da kam natürlich nur „Reiseverkehrskauffrau“ in Frage, und mit etwas Glück ergatterte ich einen der Ausbildungsplätze in einem Reisebüro.

Doch statt Abenteuerreisen verkaufte ich Last-Minute Reisen nach Mallorca. Statt Reisende ins Outback nach Australien zu schicken, suchte ich Bahnverbindungen an den Tegernsee. Sehr desillusionierend. Außerdem wurde mir schnell klar: als Reiseverkehrskauffrau werde ich selbst nicht in der Lage sein, große Reisen zu finanzieren. Zeit also für einen Plan B.

Gottes Wort zu verbreiten, war mir ein Herzensanliegen

Statt Geografie (die Taxifahrerquote unter Geograf*innen war zumindest in den 1980ern recht hoch) wandte ich mich nun aussichtsreicheren Fächern zu und studierte European Business Studies (Europäische Wirtschaftswissenschaften). Nach dem Berufseinstieg und ersten erfolgreichen Karriereschritten in der IT Industrie brannte ich für meine Aufgabe. Die Arbeitszeiten wurden immer länger, dafür mein Gehalt höher. Für andere Themen blieb wenig Zeit. Bis eine ehemalige Studienkollegin aus den USA zurückkam und uns, ihrer Freundesclique, zu unserem Erstaunen mitteilte, dass ihr Herz jetzt Jesus gehöre.

Nach anfänglicher Überraschung und auch Skepsis wollte ich verstehen, was genau sie denn da so anzieht. Besuchte sie und ihre Pfingstkirchengemeinde, begleitete sie zu Chorabenden und Gebetskreisen und diskutierte mit ihr die Nächte durch. Und plötzlich packte auch mich eine Sehnsucht nach Gott, nach Glauben, nach einem spirituellen Leben und fand eine Gemeinde in der EKHN, die mir Heimat wurde.  Plötzlich nahm das Engagement für Kirche und für Gott in meinem Leben einen großen Raum ein und die bisherige Aufgabe erschien mir sinnlos. Ich bewarb mich also beim Medienhaus der EKHN und nahm 2003 meine Arbeit als Marketing- und Vertriebsleiterin auf. Gottes Wort zu verbreiten, war mir ein Herzensanliegen. Das ist übrigens bis heute so geblieben. Auch wenn zwischendrin dann doch nochmals eine säkulare berufliche Station folgte, bis ich 2012 als Geschäftsführerin wieder ins Medienhaus zurückkam.

Wie alles, was Menschen in ihrem Leben gesammelt haben, ist irgendwann nicht mehr wichtig

Weltreisen sind mir heute nicht mehr so wichtig. Aber für Gott brennt mein Herz noch immer. Ein neues Anliegen hat jedoch in den zwei Pandemiejahren mein Herz erobert: Meine seit einigen Jahren demente und sehr kranke Mutter lebt seit Mai 2021 in einem Altenheim. Ich bin dort sehr regelmäßig und zunehmend auch häufiger. Wann immer es die Zeit zulässt, besuche ich sie und habe erlebt, wie sehr die Pandemie, die besonders strengen Vorschriften in den Gesundheitseinrichtungen und der zunehmende Personalmangel die Arbeit in den Pflegeheimen erschwert haben. Wie sehr sich das Leben „draußen“ und in den Heimen unterscheidet. Wie wenig Feiern und Freuden dort möglich sind. Wie sich die Quarantänezeiten unterscheiden. Wie alles, was Menschen in ihrem Leben gesammelt haben, was ihnen am Herzen lag, in großen Wohnungen und Häusern, irgendwann nicht mehr wichtig ist. Zusammengeschrumpft auf das, was in 16 oder max. 20 m² passt. Das hat in mir den Herzens-Wunsch wachsen lassen, in diesem Bereich zu helfen. Selbst Teil eines ehrenamtlichen Besuchsteams zu werden. Vielleicht sogar mit einem Besuchs- oder Therapiehund. Noch sind das Träume. Aber ich hoffe, dieses neue Herzensanliegen eines Tages auch in die Tat umsetzen zu können.

Und ich glaube, so wie mir, geht es vielen Menschen. Das, wofür unser Herz brennt, verändert sich im Laufe eines Lebens. Manche verschwinden ganz und gar aus dem Blick, immer mal wieder kommen neue hinzu und einige begleiten uns ein Leben lang. Das Leben ist eine spannende Herzensreise. Und das gilt auch für die Herzbegegnungen. Mit meiner Kindheits-Freundin Iris bin ich nun schon fast 55 Jahre befreundet. Andere habe ich auf dem Weg verloren, neue Freund*innen sind auf meinem bisherigen Lebensweg dazugestoßen. Gott sei Dank bin ich auch Gott auf dieser Reise begegnet, und ich freue mich auf viele alte und neue Herzensbegegnungen in den nächsten Jahren.

Diese Seite:Download PDFDrucken

Seelsorge als Bilanzierung von Lebensgeschichte

Von Pfarrer Dr. Dr. Reimar Kremer, Zentrum Seelsorge und Beratung

In der „Lebensbilanz“ geht es um vergegenwärtigende Rückschau, um den Versuch, das eigene Leben als Gesamt und als Zusammenhängendes zu begreifen, es geht darum, sich das Leben noch einmal „anzueignen“ (um es loslassen zu können). Es geht darum, um es bildlich auszudrücken, um das, was das Herz vor Freude hat hüpfen, und um das, was das Herz hat erstarren lassen.

Bilanziert nach zwei Aspekten:

  1. Akzente dieses Seelsorge-Konzeptes
  2. Probleme des Konzepts der „Lebensbilanzierung“

Zur Lebensgeschichte

to top