"Was mein Herz froh und stark macht"
Gedanken eines Kardiologen
Von Dr. Christian Albrecht
Natürlich ist das Herz keine rein mechanische Pumpe, das spüre ich als nicht mehr ganz junger Kardiologe im Laufe meines Berufslebens von Tag zu Tag, von Jahr zu Jahr immer mehr. Gerade auch als Bruder des Propstes habe ich entdeckt, dass das Herz auf wunderbare Weise eine Verbindung zwischen Geist und Körper darstellt und damit einen Teil unserer Seele. Aber natürlich bin ich als Mediziner nicht berufen, hier eine Anleitung zu versuchen, was unsere Seele froh macht, was uns glücklich macht, eine Anleitung zu einem erfüllten Leben zu geben. Und so will ich lutherisch-fröhlich mich darauf konzentrieren, mir ein paar Gedanken darüber zu machen, was unser Herz "freut", damit es stark sein kann und bleibt, in ganz mechanischem Sinne. Denn ein schwaches Herz hört früher auf zu schlagen und dann sind auch der Rest des Körpers und der Geist nicht mehr ... auf Erden.
"Tako-Tsubo-Syndrom"
Ja, es gibt die Momente, in denen uns das Herz bricht, die großen schweren Schicksalsschläge, in denen sich die Adern des Herzens verkrampfen und es zu einer vorübergehenden schweren Beeinträchtigung der Herzleistung kommt. Dagegen ist medizinisch kein Kraut gewachsen, das geht aber rein kardiologisch meistens gut aus und wird im Fachjargon, weil die Herzform in so einer akuten Situation einer japanischen Tintenfischfalle ähnelt, "Tako-Tsubo-Syndrom" genannt.
Die länger anhaltenden Belastungen, der "Stress" im Leben und dauernde seelische Belastungen wurden lange als Herz-schädigend angesehen, doch die Schädigung durch "Stress" und seelische Belastungen auf die mechanische Pumpe Herz scheint nach aktuelleren wissenschaftlichen Erkenntnissen begrenzt, und führen am Herzen nicht zu organischen, messbaren Veränderungen. Der Stress schadet nur dann, wenn man/frau viel raucht deswegen und wegen der vielen Arbeit sich gar nicht mehr bewegt.
Es gibt zwei große Probleme
Salim Yusuf, einer der besten Kardiologen der Welt, hat einmal auf einem großen Kongress in einem einprägsamen Satz zusammengefasst, was denn unser Herz bedroht, Infarkte zu bekommen und schwach zu werden: "There are only two problems: the one is smoking - and the other is the missmatch between energy input and energy output". (Übersetzung: „Es gibt zwei große Probleme: Das eine ist das Rauchen und das andere ein Ungleichgewicht zwischen Energie-Aufnahme und Energie-Verbrauch.“)
Zum Rauchen muss ich nicht viel sagen, das ist wohl jedem bewusst, nur so viel: Wer ein Leben lang raucht, lebt statistisch 12 Jahre kürzer. Und: Wer bis zum 45. Geburtstag aufhört mit Rauchen, lebt (fast) genau so lang wie ein Nichtraucher. Das macht Ihr Herz froh!
In unseren westlichen Wohlstandsgesellschaften kommt es zu einem für unser Herz traurigen Zusammentreffen von einem Überangebot von Nahrungsmitteln und einem drastischen Rückgang an körperlicher Aktivität durch die bekannten Mechanismen Digitalisierung, (Auto)Mobilität und Wechsel der Berufsbilder. 1978 sind zehntausend Münchner Kinder in sechs Minuten noch durchschnittlich 1300 Meter weit gekommen – 40 Jahre später waren es nur noch 650 Meter.
Und bei der Ernährung gibt es einen Trend zu hochkalorischen, aus energiereicher Stärke bestehenden schnell konsumierbaren und leider vor allem billigen Lebensmitteln, so dass "unser" Salim Yusuf es auch hier auf den Punkt bringt: "100 years ago heart attack and stroke was the disease of the rich people – and now its the disease of the poor: You pay 2 dollars für 2000 calories and 3 dollars for 3000: And this is too much!"
Das Herz verfettet zwischen den Herzmuskelzellen und wird schwach
Und so verkalken nicht nur unsere Adern und es kommt zu einem Infarkt, nein, das Herz verfettet auch zwischen den Herzmuskelzellen und wird schwach. So ist es recht einfach für den Kardiologen zu erklären, was das Herz freut und stark macht: Wenn wir die genannten Lebensmittel vermeiden und so die Balance der Kalorienaufnahme und -Abgabe wieder ins rechte Lot bringen und wenn wir unser Herz jeden Tag durch eine sportliche Belastung fordern. Denn unsere Vorfahren vor 10.000 Jahren mussten jeden Tag zwölf Kilometer rennen und der genetische Code hat sich in dieser für die Evolution "kurzen" Zeit nicht geändert.
Und ganz nebenbei macht das auch noch die Seele froh, weil die Gedanken des Tages sich ordnen können und man beglückt spürt, dass der Herrgott uns neben unsrem klugen und uns manchmal anstrengenden Geist einen wunderbaren Körper geschenkt hat, und beide von unserem bestimmt dann frohen Herzen angetrieben werden:
60 Mal in der Minute, 120.000 Mal am Tag, 40 Millionen Mal im Jahr und – so Gott will – 4 Milliarden mal in unserem Leben.
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