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Hängt mein Herz an Götzen?

Von Pfr. Bernd Nagel, Studienleiter des Zentrums Seelsorge & Beratung

Die eigene Liebe zum Besitz, der starke Wunsch nach höherem Gehalt, die Vergötterung des Partners, der immense Zeitaufwand für ein Hobby, der übersteigerte Drang nach Einfluss und Ansehen oder ein rastloser Medienkonsum – all das lässt bei manch stark gläubigen Menschen die Sorge aufkommen, ob sie sich des Götzendienstes schuldig machen. Sie wenden sich mit ihren Fragen an das Beratungsportal „Pfarrer im Netz“: Glauben Sie, dass das, was ich tue und erstrebe, widergöttlich ist? Bin ich ein Götzendiener, wenn ich auf mein Aussehen achte und stark mit der Mode gehe? Verstoße ich gegen das erste Gebot, wo doch gesagt wird, man soll neben Gott keine anderen Götter haben?

Die genannten Dinge, Menschen und Süchte können an die Stelle Gottes treten, können zum Ersatz für Gott werden und damit zu fremden Göttern oder Götzen.

Rund 150 Mal spricht die Bibel von Götzen

Die besorgten Fragen im Beratungsportal sind verständlich. Rund 150 Mal ist in der Bibel von Götzen die Rede, meist mit einer Warnung oder Strafandrohung verbunden. Kritisch heißt es im 115. Psalm: „Ihre Götzen sind Silber und Gold.“ Immer wieder findet sich die dringende Mahnung, die fremden Götter (also Götzen) zu entfernen und die Bilder, die oft zu ihrer Verehrung hergestellt werden, gleich mit. Das aus dem Schmuck der Frauen in der Wüste hergestellte goldene Kalb (2.Buch Mose, Kapitel 32) endet in einem Blutbad. Götzen ziehen den Zorn Gottes auf sich.

Die gängige Auslegung des ersten Gebots „Ich bin der Herr, dein Gott. Du sollst nicht andere Götter haben neben mir.“ (2. Buch Mose, Kapitel 20, Verse 2+3) stellt Gott als einen eifersüchtigen und leicht kränkbaren Herrscher dar, der neben sich nichts und niemanden duldet. Bei Androhung von Strafe wird vor Verstoß gewarnt.

Zwei Dinge sind dabei von Bedeutung:

Die genaue Übersetzung aus der hebräischen Bibel führt auf eine andere Spur in der Frage nach fremden Göttern. Wörtlich heißt es: „Ich bin der Ewige, dein Gott, der dich aus dem Land Ägypten, aus der Sklaverei befreit hat. Du sollst keine anderen Götter haben mir ins Angesicht.“ Klingt merkwürdig. Und doch sind zwei Dinge dabei von Bedeutung: Zum einen stellt Gott sich selbst vor als den, der bereits eine Beziehung zu den Menschen aufgenommen hat, indem er einen Bund mit ihnen geschlossen und sie aus der Sklaverei in die Freiheit geführt hat. Gott und Mensch stehen sich in liebevoller Beziehung und in gegenseitiger Verantwortung gegenüber. Nichts soll nach Gottes Weisung dazwischentreten – damit die Beziehung nicht gestört, der Kontakt nicht abgebrochen wird.

Sprachlich wird an die Segnung angeknüpft, wo es heißt: „Der Ewige segne dich und behüte dich. Er lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig. Er wende dir sein Angesicht zu und setze Frieden ein.“ (4. Buch Mose, Kapitel 6, Verse 24-26). Wo etwas zu stehen kommt „Gott ins Angesicht“, da wird neben der Beziehung auch die Vermittlung des Segens als Lebenskraft, göttliche Nähe und Zuwendung gestört.

Wo Dinge, Menschen und Süchte wirklich zu Götzen geworden sind, lässt sich daran messen, wie sehr sie die Beziehung zu Gott – und dabei ist biblisch immer auch die Beziehung zum Nächsten mitgedacht – hindern oder gar bedeutungslos machen. Und wo tatsächlich Götzen an die Stelle Gottes treten, wird spürbar, wenn Gewalt, Unrecht, Lüge und Missbrauch um sich greifen.

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