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Mit Herzblut den Menschen nah

Dorothee Ewald hat ein Händchen im Umgang mit Menschen. Das hat sie immer wieder im Laufe ihres umtriebigen Berufslebens festgestellt. Die 58-jährige Krankenschwester engagiert sich seit ihrer Familienzeit in der sozialen Betreuung von Menschen mit Einschränkungen. Unter anderem leitet sie seit 12 Jahren einmal in der Woche eine „Miteinandergruppe“ des Diakonischen Werks Odenwald – eine Gruppe, in dem überwiegend Menschen mit Demenz für ein paar Stunden zusammenkommen. Bei ihrer Arbeit fällt auf: Sie ist mit ganzem Herzen dabei.

Frau Ewald, was ist das Besondere an ihrer Arbeit in der „Miteinandergruppe“ in Michelstadt?

Jeden Montag kommen im Dorfgemeinschaftshaus Menschen mit völlig unterschiedlichen Einschränkungen zusammen. Manche sind noch recht rüstig und suchen Gesellschaft, andere leiden an fortgeschrittener Demenz. Diesen Spagat müssen wir – ich leite die Gruppe zusammen mit zwei freiwilligen Helferinnen – jedes Mal aufs Neue leisten. Wir wollen den Teilnehmer*innen eine „blaue“ Stunde, also einfach eine schöne Zeit bieten. Es ist immer wieder berührend zu sehen, wie die Menschen während des Nachmittags aus sich herauskommen. Die Zeit verfliegt regelrecht.

Was ist Ihnen bei Ihrer Arbeit wichtig?

Leider verstummen Menschen mit fortschreitender Demenz von Tag zu Tag mehr. Ich lade die Teilnehmer*innen daher ein, bei mir zum Erzählen zu kommen. Wir trinken Kaffee und essen Kuchen, basteln, schauen Bilder an, die zum Erzählen anregen, spielen ein Gesellschaftsspiel oder singen im Stuhlkreis Volks- und Kirchenlieder und machen ein wenig Gymnastik. Ich begleite die Runde gerne auf der Gitarre oder auch mal mit dem Akkordeon. Wir lassen uns auf die Besucher*innen ein und schauen bei jedem, wie wir ihn unterstützen können. Ein Mann etwa, der an fortgeschrittener Demenz leidet, kann die Liedtexte nicht so schnell erfassen. Wir haben dann bemerkt, dass er sehr gut den Rhythmus auf Klanghölzern schlagen kann. Er ist sehr stolz darauf, so zum Lied beizutragen und sagt: „Ohne mich geht hier gar nichts“.  

Warum engagieren Sie sich für Menschen mit Demenz? Was hat Sie dazu gebracht?

Mich interessieren die Menschen. Ich habe früher schon in meiner Gemeinde einen gemischten Chor und eine Mutter-Kind-Gruppe gegründet. Vor 13 Jahren bin ich dann zufällig in die soziale Betreuung reingerutscht. Ich habe es einfach ausprobiert und festgestellt, dass ich mich gut auf Fremde und ihre Bedürfnisse einlassen kann. Ich versuche, die Menschen unvoreingenommen kennenzulernen und gemeinsam mit ihnen ihr Leben zu entdecken. So kam ich schließlich auch zur „Miteinandergruppe“ in Michelstadt.

Was liegt Ihnen bei Ihrem Engagement besonders am Herzen?

Ich möchte, dass sich die Leute wohlfühlen und eine gute Zeit erleben. Ich schaue mit Ihnen zusammen, was sie gerade brauchen, und begegne ihnen persönlich und individuell. Ich möchte dazu beitragen, dass es den Menschen gut geht, sie ein schönes Erlebnis haben, sich wieder erinnern und ihre Lebendigkeit spüren. Ich bin keine Therapeutin, sondern freue mich, wenn die Menschen die Möglichkeit haben, in der Begegnung ihre sozialen Bedürfnisse zu befriedigen.

Was wünschen Sie sich für Ihre Arbeit?

Gerade bei Menschen mit Demenz ist es wichtig, dass sie frühzeitig darin geübt werden, außer Haus zu gehen und am sozialen Leben teilzunehmen. Viele kommen jedoch zu spät in die Gruppe. Sie müssen dann schon kurz nachdem sie sich eingelebt haben, die Besuche wieder einstellen, da ihr gesundheitlicher Zustand die weitere Teilnahme nicht mehr zulässt. Dabei ist gemeinschaftliches und soziales Interagieren in einer kleinen, überschaubaren Gruppe so wichtig, um Demenz und geistigen Verfall vorzubeugen.

Auch in der Pandemie kam die Miteinandergruppe zusammen

Was bewegt Sie jeden Tag, Ihre Arbeit fortzusetzen?

Ich wünsche mir, dass die Menschen zufrieden sind, selbständiger werden und schließlich meine Arbeit überflüssig wird. Wenn ich merke, dass mir das gelingt, beflügelt mich das und gibt mir Antrieb weiterzumachen. Ich habe mal einen Singkreis im Altenheim angeboten. Die Bewohner*innen beschrieben es als das Highlight der Woche. Für mich war es sehr schön zu sehen, wie die Teilnehmer*innen während des Singens aus sich herausgekommen sind. Selbst Menschen, die einen Schlaganfall hatten, haben sich auf einmal wieder bewegt, die Arme gehoben, dirigiert und mitgesungen. Das macht mich glücklich.

Sie haben mit den verschiedensten Krankheitsbildern zu tun. Wie schaffen Sie es, dass sich die Menschen Ihnen öffnen?

Ich versuche, die Menschen ernst zu nehmen und ihre Empfindungen zu respektieren. Ich möchte nicht die Krankheit sehen, sondern den anderen und seine Leistungen wertschätzen. Ich bin oft sehr beeindruckt, wie die Menschen trotz ihrer Einschränkungen ihr Leben meistern. Mit meiner Musik und meinen Angeboten versuche ich sie aus ihrer Reserve zu locken und ihre Erinnerungen und Lebensfreude zu wecken. Dabei begegne ich ihnen mit meinem ganzen Herzen. Natürlich muss ich mich selbst manchmal sehr zurücknehmen. Nicht alle meine Vorschläge sind willkommen, manchmal passen die Angebote für die Person einfach nicht. Das muss ich akzeptieren und neu überlegen. Für mich ist es ein großes Vorrecht, einem Menschen so nahe zu kommen.

Was macht Sie manchmal sprachlos?

Wenn meine Aussagen und Einschätzungen von den mir anvertrauten Menschen ganz anders aufgenommen werden, als ich das eigentlich beabsichtigt hatte. Das bringt mich an meine Grenzen. Ich bin zudem sprachlos, wenn über meine Klient*innen gelacht wird und sie von der Gesellschaft nicht akzeptiert werden. Mir ist Inklusion sehr wichtig und ich setze mich dafür ein, dass wir die Menschen mit Einschränkungen nicht verstecken. Sie sollen sich frei und ermuntert fühlen, genau das zu machen, was sie wollen.  

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Weiterführende Angebote

Die „Miteinander“-Gruppen für Senioren werden vom Diakonischen Werk Odenwald an mehreren Orten angeboten. Eine Anmeldung ist erforderlich.

Weitere Infos und zur Anmeldung

Informieren Sie sich über Angebote in Ihrer Nähe bei der Seniorenberatung des Diakonischen Werks in Ihrer Region oder bei den jeweiligen Pflegestützpunkten.

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Informationen über Demenzerkrankungen

Diakonie Hessen über Demenz und Alzheimer

Zur Website

Deutsche Alzheimer Gesellschaft e.V. zur Aktion "Demenz braucht Zuneigun"

Zur Website

Alzheimer-Telefon der Deutschen Alzheimer Gesellschaft e.V. 

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